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88 HEUTIGE BEVÖLKERUNG. es bisweilen vor, ihren räuberischen Nachbarn die Bruderschaft
(chuwwe, so heisst dieser Tribut an Getreide) zu bezahlen, weil
die türkischen Statthalter und Steuereinnehmer sie nicht genug
schützen, oder auch sie noch mehr misshandeln als jene.

Es ist ein Glück für die Regierung, dass diese Wanderstämme
nie unter sich einig sind. Sie sind in zwei Hauptlager getheilt:
das eine bilden die ʿAeneze, welche im Winter gegen Central-
arabien
hinziehen; das andere besteht aus Stämmen, welche
dauernd in Syrien bleiben. Die ʿAeneze sind heutzutage der mäch-
tigste
Beduinenstamm; sie zerfallen in vier Hauptstämme (Ka-
bîle
): Wuld ʿAli, Hesene, Ruwalâ und Bischer; ihre Gesammt-
zahl
kann man auf etwa 300,000 Seelen schätzen. Was die sess-
haften
Stämme betrifft, so sind in Palästina, Haurân, Coelesyrien
und Nordsyrien stets dieselben Stämme wohnhaft; so in der Belkâ
die ʿAdwân, im Jordanthal die sog. Ghôraraber (Ghawârine), in
Moab die Beni Sacher u. a. m. Man nennt sie ahl esch-schemâl,
Leute vom Norden, während die Beduinen südlich vom Todten Meer
ahl el-kibli, Leute des Südens heissen.

Jeder Beduinenstamm steht unter einem Schêch, der aber eine
durch Eifersucht der Andern eng begrenzte Stellung hat; auch im
Kriege ist er zunächst nicht Anführer. Man hört die Beduinen
viel singen und erzählen; auch die Dichtkunst lieben sie, doch
steht diese auf sehr niederer Stufe.

Die Türken (S. 75) sind in Syrien in geringer Zahl vertreten.
Der Türke ist geistig weniger befähigt als der Araber, im Ganzen
aber gutmüthig. Die Effendi’s (αὐϑεντῆς) freilich, die vornehmen
Türken, sind bisweilen stolz und übermüthig. Es gibt unter ihnen
zwei Parteien: die Alttürken und die Jungtürken oder Reformer.
Je nachdem die eine oder die andere Partei in Constantinopel die
Oberhand hat, wechseln auch die Statthalter der Provinzen. Da
dies ziemlich rasch zu geschehen pflegt, so kann keiner selbst mit
dem besten Willen ein dauerhaftes Werk gründen, denn er kann
fast sicher darauf zählen, dass sein Nachfolger seine Projecte wie-
der
umwirft. Die Einführung europäischer Cultur wird von den
Jungtürken selbst höchst oberflächlich betrieben und gewöhnlich
am falschen Ende in Angriff genommen; manche meinen, Bildung
liege vor allem im Tragen fränkischer Kleidung und im Trinken
geistiger Getränke. Die türkische Race ist übrigens beinahe in der
ganzen Türkei im Verfall und im Rückgang begriffen. In Nord-
syrien
, sowie am grossen Hermon gibt es noch nomadisirende Türken-
stämme
(Turkomanen), welche wie die arabischen Beduinen leben.

II. Statistik. Die folgende Statistik ist dem Beirûter Staats-
kalender
von 1291 (1874) entnommen. Ob sie richtig ist, kann
natürlich nicht verbürgt werden, doch ist sie wohl das beste der
Art, was man hat. Die Paschaliks Jerusalem und Aleppo sind ab-
getrennt
und hier nicht enthalten. Auf 1 Haus (Familie) darf
man 3 männliche Einwohner, also im Ganzen 6 Personen rechnen.